Im Anschluss an den Vortrag "Lebenswerte Nachbarschaften" im Effingerhof im März 2019 wurden die Eigentümer und Projektbeteiligten vom Referenten zu einem Augenschein in die Siedlung Kalkbreite eingeladen, die als faszinierender sozialer Organismus mit hohen räumlichen und baulichen Qualitäten Eindruck hinterliess. Nach einem ersten, gemeinsamen Treffen der Arbeitsgruppen "Wohnen" und "Öffentliche Nutzungen" wurde am 28. Juni eine Exkursion nach Basel organisiert: In gebauten Projekten mit vielfältigen öffentlichen Nutzungen und interessanten gemeinschaftlichen Wohnformen konnten sich alle ein eigenes Bild vom Funktionieren solcher partizipativ entwickelter Areale und Gebäude machen.
Inspiration
Von vorbildlichen Beispielen lernen
Vorbild Kalkbreite
Amos und Verena Kornfeld, Jürg Dietiker und Krishna Menon liessen sich die Gelegenheit zu einer Exklusivführung durch Fred Frohofer nicht entgehen. Nach einer Erläuterung der genossenschaftlichen Entstehungsgeschichte dieser Siedlung über dem Wiediker Tramdepot aufgrund der Ideen einiger Quartierbewohner, wurden wir von den Toren der Tramhalle rund ums Haus auf dem 6350 m2 grossen Areal geführt. Vor dem Bachser Märt, einem Laden mit direktem Bezug zu Regionalen Lebensmittel-Produzenten, gab es Erläuterungen zu dessen Betriebskonzept, vorbei am Restaurant Bebek und dem Kino Houdini ging's zuerst einmal in die grosse Velogarage. Danach führte der Rundgang vom Foyer, mit anschliessendem Café und Bibliothek, über verschiedene Treppenhäuser und die "Rue Interieure" via Seminarräume und an verschiedenen gemeinschaftlichen Räumen vorbei, zum Dachgarten mit den von Hausbewohnern gepflegten Hochbeeten. Zum Abschluss erklärte uns Fred Frohofer in seiner Einzimmer-Wohneinheit von 39 m2 die Funktionsweise seines Wohnclusters mit gemeinschaftlichem Wohnzimmer und die von ihm nutzbaren Zusatzangebote wie Mahlzeiten im Restaurant des Grosshaushalts, Zimmer für seine Gäste in der hauseigenen Pension etc.
Die Bewohnerschaft der Siedlung entspricht demografisch genau dem Abbild des umgebenden Quartiers. Entsprechend werden bei Mieterwechseln spezifisch Kandidaten gesucht, die Kriterien des gerade untervertretenen Mieterprofils entsprechen. Für das tadellose Funktionieren gemeinschaftlicher Nutzungsbereiche wie Café, Waschsalon und dergleichen hat sich die Bewirtschaftung durch ein kleines Team von Angestellten als optimale Lösung erwiesen.
Als nicht so erfolgreich wie geplant hat sich die Dachterrasse erwiesen, trotz der Aussicht, aufgrund der abgelegenen Lage, die kurzfristig mietbaren Gemeinschaftsküchen / -Räume, sowie die Sauna, mangels Nachfrage.
Als nicht so erfolgreich wie geplant hat sich die Dachterrasse erwiesen, trotz der Aussicht, aufgrund der abgelegenen Lage, die kurzfristig mietbaren Gemeinschaftsküchen / -Räume, sowie die Sauna, mangels Nachfrage.
Gundeldinger Feld
Nachdem bekannt wurde, dass die Maschinenfabrik Sulzer-Burckhardt das Gundeldinger Feld verlassen will, entschlossen sich die Quartierbewohner Barbara Buser, Irene Wigger und Eric Honegger, aktiv zu werden, um auf dem Areal, mitten im Wohnquartier, ein "Wohnzimmer" für die Stadt zu verwirklichen. Ohne selbst Geld zu besitzen, traten sie mit einer Kaufofferte an die Sulzer-Burckhardt. Mit dem Konzept, die Fabrik schrittweise umzunutzen, konnten sie sofort ein konkretes Angebot aufgrund des geschätzten Landwertes machen. Damit waren sie gegenüber Investoren, die alles abreissen und etwas komplett Neues mit höherer Wertschöpfung bauen wollten, im Vorteil: Diese konnten erst nach vielen Jahren Entwicklungsvorlauf mit Planungsunsicherheiten und längerer Bauzeit mit Ertrag rechnen. Das "schnelle Geld" kam den momentanen Bedürfnissen der Sulzer-Burckhardt entgegen. Investoren wurden gefunden, die "Gundeldingerfeld Immoblien AG" gegründet, das Areal von 12'000 m2 für 12 Mio. Fr. gekauft. Zusammen mit Pascal Biedermann und Mathias Scheurer gründeten die 3 Initianten die "Kantensprung AG" für die Planung und Verwaltung des neuen Gundeldinger Feldes auf der Basis von 400 Ideen, die per Fax nach einer öffentlichen Versammlung im Quartier eingingen.
Teile der Fabrik wurden von den ursprünglichen Besitzern noch gut 2 Jahre genutzt. Zu den ersten neuen Mietern gehörten das "Spielfeld", ein Indoor-Kinderspielplatz, ein Bistro für die Arealnutzer mit Arbeitsplätzen für Behinderte, betrieben von einer kantonalen Institution. In der Anfangszeit fanden in der grössten Halle Konzerte und andere Events statt, später gab es ein selbst verwaltetes Musikerhaus für jüngere mit grossem Besucherandrang, das aber einen Konflikt mit den Bedürfnissen der anderen Nutzungen ergab. Es kam eine Zirkusschule hinzu, ein Lautenbauer, ein theaterpädagogisches Unternehmen, eines mit Co-Working und Coaching-Angeboten, eine Backpacker-Lodge, das Restaurant "Blindekuh", eine Kletterhalle...
Teile der Fabrik wurden von den ursprünglichen Besitzern noch gut 2 Jahre genutzt. Zu den ersten neuen Mietern gehörten das "Spielfeld", ein Indoor-Kinderspielplatz, ein Bistro für die Arealnutzer mit Arbeitsplätzen für Behinderte, betrieben von einer kantonalen Institution. In der Anfangszeit fanden in der grössten Halle Konzerte und andere Events statt, später gab es ein selbst verwaltetes Musikerhaus für jüngere mit grossem Besucherandrang, das aber einen Konflikt mit den Bedürfnissen der anderen Nutzungen ergab. Es kam eine Zirkusschule hinzu, ein Lautenbauer, ein theaterpädagogisches Unternehmen, eines mit Co-Working und Coaching-Angeboten, eine Backpacker-Lodge, das Restaurant "Blindekuh", eine Kletterhalle...
Vorgegangen wurde nach dem Konzept: BRAUCHEN WAS DA IST. Es schlägt sich In einem Konzept äusserst sparsamer Eingriffe in die Bausubstanz der Gebäude nieder. Der grösste war der Abbruch zweier Hallen, welcher längliche Höfe entstehen liess. Sie belichten die neuen Nutzungen und bilden äusserst attraktive Zugänge, Vorzonen, Aussenräume. Es wurden BAUTEILE WIEDERVERWERTET, auch aus Renovationen von Gebäuden der Umgebung. OHNE PRIMAT DER ÄSTHETIK, mit einfachsten Materialien und Konstruktionen, wurden dämmtechnische Anforderungen an die Hülle und bauliche Erfordernisse der Nutzung umgesetzt. Entstanden ist eine verblüffende, lebendige und günstige Architektur der IMPROVISATION UND ANEIGNUNG, die den Charakter des Gundeldingerfelds ausmacht.
Erlenmatt Ost: Stadterle, Coopérative d'Ateliers
Die Erlenmatte ist ein Arealentwicklungsgebiet der Stadt Basel auf dem ehemaligen Rangiergleisfeld des Badischen Bahnhofs. Die Baufelder umschiessen einen grossen Park. Das östliche Baufeld wurde der Stiftung Habitat zur Bebauung vergeben. Diese wählte wiederum verschiedene Genossenschaften aus, um ihre Gebäude zu realisieren. Eine ist die Stadterle, gegründet von vier Privatpersonen, die für die Formulierung ihrer Vorstellung eines idealen Zusammenwohnens überraschend den Zuschlag erhielten. Der abgewinkelte Bau hat eine Parkseite, an der die privaten Zimmer liegen und eine Hofseite, von wo der Zugang erfolgt.
Durchgehende, breite LAUBENGÄNGE auf allen Geschossen sind der Kern des Konzepts: Als halbprivate, aneigenbare Aussenräume bilden sie den Zugang der Wohnungen durch die Wohnküchen und gleichzeitig eine begrünte, individuell möblierte Begegnungs-, Aufenthalts- und Spielzone. Drei Treppenhäuser verbinden die Geschosse an den Aussenenden des Gebäudewinkels und in dessen Scheitel.
Hier befindet sich im Erdgeschoss auch ein weiteres Kernelement des Konzepts: Der GEMEINSSCHAFTLICHE WOHNBEREICH mit einer grosszügigen Küche. Auch hier wird die Gemeinschaft der Mietenden zelebriert. Weitere gemeinschaftlich genutzte Räume sind ein WASCHSALON, eine WERKSTATT, ein GEFRIERRAUM, der DACHGARTEN mit Küche.
Ein Zwischending sind die "JOKERWOHNUNGEN" auf drei Etagen: Einzimmerwohnungen mit Bad, die von Wohnungsmietern temporär dazugemietet werden können, um spezielle Situationen zu überbrücken, als Zwischenlösung fungieren, um Mieter-Rochaden im Haus zu erleichtern oder als Gästezimmer dienen.NUTZUNGS-FLEXIBLITÄT wird nicht baulich, sondern durch ein breites Angebot an Wohnungstypen und Tauschmöglichkeiten im Haus generiert.
Ein weiteres Grundprinzip heisst GENÜGSAMKEIT im Individuellen: Die Wohnungen haben sehr effiziente Grundrisse, praktisch ohne Verkehrsfläche, auch die Vierzimmer-Wohnungen von bescheidenen 90 m2 begnügen sich mit einem Badezimmer, sind dafür aber auch mit 2000 Fr. pro Monat für Basel erschwinglich. Die Bescheidenheit der Materialien zeigt sich plakativ an den grünen Kunststoff-Wellplatten der Laubengang-Brüstungen. Das Gebäude ist ein konventioneller Massivbau, mit Holzelement-Fassaden und Leichtbau-Wänden innerhalb der Wohnungen.
Energetisch wird das Haus zu 70 % erneuerbar durch eine Solaranlage auf dem Dach und eine Grundwasser-Wärmepumpe versorgt.
In der Stadterle leben rund 100 Personen, die verschiedene soziale Milieus vertreten sollen, inklusive Asylbewerber. Neben Single-, Paar- und Familienwohnungen gibt es eine 12 1/2 - Zimmerwohnung und eine Clusterwohnung mit 8 Individualeinheiten von 1 - 2 Zimmern. Für alle Wohnungen gelten Mindestbelegungs-Vorschriften. Das Einvernehmen zwischen den sehr unterschiedlichen Mietern ist gut. Die Vermietung der Grosswohnungen hat sich als nicht so einfach erwiesen, weshalb sie von eigenen Vereinen vermietet werden. Die Gemeinschaftsräume werden von einer freiwilligen Betriebsgruppe unterhalten, während Verwaltung und Hauswartung des gesamten Gebäudes professionell und extern erfolgen. Nebst gemeinsamen Festen findet vier Mal jährlich die Laubenversammlung statt, an der die sozialen und betrieblichen Belange der Mietergemeinschaft geregelt werden.
Durchgehende, breite LAUBENGÄNGE auf allen Geschossen sind der Kern des Konzepts: Als halbprivate, aneigenbare Aussenräume bilden sie den Zugang der Wohnungen durch die Wohnküchen und gleichzeitig eine begrünte, individuell möblierte Begegnungs-, Aufenthalts- und Spielzone. Drei Treppenhäuser verbinden die Geschosse an den Aussenenden des Gebäudewinkels und in dessen Scheitel.
Hier befindet sich im Erdgeschoss auch ein weiteres Kernelement des Konzepts: Der GEMEINSSCHAFTLICHE WOHNBEREICH mit einer grosszügigen Küche. Auch hier wird die Gemeinschaft der Mietenden zelebriert. Weitere gemeinschaftlich genutzte Räume sind ein WASCHSALON, eine WERKSTATT, ein GEFRIERRAUM, der DACHGARTEN mit Küche.
Ein Zwischending sind die "JOKERWOHNUNGEN" auf drei Etagen: Einzimmerwohnungen mit Bad, die von Wohnungsmietern temporär dazugemietet werden können, um spezielle Situationen zu überbrücken, als Zwischenlösung fungieren, um Mieter-Rochaden im Haus zu erleichtern oder als Gästezimmer dienen.NUTZUNGS-FLEXIBLITÄT wird nicht baulich, sondern durch ein breites Angebot an Wohnungstypen und Tauschmöglichkeiten im Haus generiert.
Ein weiteres Grundprinzip heisst GENÜGSAMKEIT im Individuellen: Die Wohnungen haben sehr effiziente Grundrisse, praktisch ohne Verkehrsfläche, auch die Vierzimmer-Wohnungen von bescheidenen 90 m2 begnügen sich mit einem Badezimmer, sind dafür aber auch mit 2000 Fr. pro Monat für Basel erschwinglich. Die Bescheidenheit der Materialien zeigt sich plakativ an den grünen Kunststoff-Wellplatten der Laubengang-Brüstungen. Das Gebäude ist ein konventioneller Massivbau, mit Holzelement-Fassaden und Leichtbau-Wänden innerhalb der Wohnungen.
Energetisch wird das Haus zu 70 % erneuerbar durch eine Solaranlage auf dem Dach und eine Grundwasser-Wärmepumpe versorgt.
In der Stadterle leben rund 100 Personen, die verschiedene soziale Milieus vertreten sollen, inklusive Asylbewerber. Neben Single-, Paar- und Familienwohnungen gibt es eine 12 1/2 - Zimmerwohnung und eine Clusterwohnung mit 8 Individualeinheiten von 1 - 2 Zimmern. Für alle Wohnungen gelten Mindestbelegungs-Vorschriften. Das Einvernehmen zwischen den sehr unterschiedlichen Mietern ist gut. Die Vermietung der Grosswohnungen hat sich als nicht so einfach erwiesen, weshalb sie von eigenen Vereinen vermietet werden. Die Gemeinschaftsräume werden von einer freiwilligen Betriebsgruppe unterhalten, während Verwaltung und Hauswartung des gesamten Gebäudes professionell und extern erfolgen. Nebst gemeinsamen Festen findet vier Mal jährlich die Laubenversammlung statt, an der die sozialen und betrieblichen Belange der Mietergemeinschaft geregelt werden.
Coopérative d'Ateliers
Eine weitere Parzelle des Baufelds Erlenmatt Ost vergab die Stiftung Habitat an eine Atelier-/Wohngenossenschaft für Künstler. Das Architekturbüro Degelo realisierte hier sein Experiment „Wohnen für 10 Fr/ Monat“. Dieses Ziel wurde durch eine VERMIETUNG IM ROHBAU mit SELBST-AUSBAU durch die Mieter, einem MASSIVBAU OHNE HEIZUNG mit 76 cm dicken Wänden aus porosiertem Backstein und eine sehr einfache Gebäudestruktur ohne schwimmende Unterlagsböden erreicht. Vorbild ist das prototypische Bürogebäude 2226 in Lustenau von Baumschlager und Eberle, das ebenfalls nur durch solaren Direktgewinn über die Fenster und die Wärmequellen der Nutzung beheizt wird. Im Basler Atelierhaus erfolgt die Temperatur-Kontrolle durch automatisches Öffnen und Schliessen der Fenster bzw. Lüftungsklappen, gesteuert durch Temperatur- und CO2 - Sensoren.
Durch die vertikalen Erschliessungszonen im Kern des Gebäudes werden die Wohn-Ateliers in eine strassen- und eine hofseitige Zone unterteilt. Am Erschliessungskern liegt der Schacht, von dem aus die Anschlüsse eines FREI PLATZIERBAREN INSTALLATIONSELEMENTS für Küche und Bad mit Abwasserpumpe flexibel erfolgen. So wurden von den ersten Bewohnern verschiedene kreative Lösungen in unterschiedlichen Baustandards - von Ikea über Briccolage bis Schreiner - ausgeführt. Diese absolut FREIE UNTERTEILBARKEIT und die grosse Raumhöche, die niedrige Galerien erlaubt, sind die Besonderheit des Hauses.
Was im Gegensatz zu den vorherigen Beispielen ins Auge springt, ist das FEHLEN GEMEINSCHAFTLICHER ELEMENTE und Begegnungszonen. Die Treppenhäuser sind nüchterne Schächte, der Zugang erfolgt durch einen Stichgang von der Hofseite her. Wie diese gestaltet wird, ist noch nicht ersichtlich. Einzig die durchgehenden Veranden auf der Hofseite können als verbindendes Element verstanden werden.
Durch die vertikalen Erschliessungszonen im Kern des Gebäudes werden die Wohn-Ateliers in eine strassen- und eine hofseitige Zone unterteilt. Am Erschliessungskern liegt der Schacht, von dem aus die Anschlüsse eines FREI PLATZIERBAREN INSTALLATIONSELEMENTS für Küche und Bad mit Abwasserpumpe flexibel erfolgen. So wurden von den ersten Bewohnern verschiedene kreative Lösungen in unterschiedlichen Baustandards - von Ikea über Briccolage bis Schreiner - ausgeführt. Diese absolut FREIE UNTERTEILBARKEIT und die grosse Raumhöche, die niedrige Galerien erlaubt, sind die Besonderheit des Hauses.
Was im Gegensatz zu den vorherigen Beispielen ins Auge springt, ist das FEHLEN GEMEINSCHAFTLICHER ELEMENTE und Begegnungszonen. Die Treppenhäuser sind nüchterne Schächte, der Zugang erfolgt durch einen Stichgang von der Hofseite her. Wie diese gestaltet wird, ist noch nicht ersichtlich. Einzig die durchgehenden Veranden auf der Hofseite können als verbindendes Element verstanden werden.